Sue und Helmut Schwarz

21.05.2019

Sue Schwarz, geb. Wang, und Helmut Schwarz - Charaktere in den Büchern der Trilogie "Golem im Zeitalter der KI" und "Golem im Zeitalter der Cyborgs und Androiden"


Im Juli 2019 entschied Sue Schwarz, dass es Zeit wurde, verschiedenes in China persönlich zu regeln. Es sollten neue Mitarbeiter eingestellt werden, neue Installationen beim chinesischen Quantencomputer JUÉWÀNG standen an und die Modifikation des Safety First! Chips sollte in Peking vor Ort getestet werden.
An einem warmen Abend saßen sie und Helmut auf der Couch in seinem Apartment in Lourmarin, ein Weinglas in der Hand. Ihr neues Haus auf dem Anwesen des Konsulats wurde gerade erst gebaut und sie hofften, im Dezember dort einziehen zu können.
"Mmh", meinte Helmut verträumt, seine Frau im Arm haltend und ihr mit einer Hand durch die Haare streichend, "dann werden wir also Ende September nach Peking reisen. Was ist mit deinem Vater, ist er schon informiert?"
"Ich habe heute dem Präsidentenbüro Sinn und Zweck der Reise sowie den Zeitraum, den wir dort sein werden, mitgeteilt."
"Also in China war ich noch nie. Wie viele Fettnäpfchen stehen dort für mich bereit, was meinst du?"
Sue lachte und meinte: "Halte dich einfach an mich. Und wenn du dir nicht sicher bist, stehst du einfach ruhig und freundlich lächelnd neben mir. Das ist doch eine deiner leichtesten Übungen!"
Er beugte sich vor und knabberte lockend an ihrem Ohr: "Mmh, wenn ich das dabei tun darf, kein Problem."
Sue stellte ihr Glas ab und wandte sich ihm zu: "Ich werde dir ein paar Floskeln aufschreiben, die lernst du auswendig. Fangen wir doch gleich mal an. Sag mal Nihao, das heißt Hallo."
"Nihuhu", meinte Helmut fröhlich, seine Frau zu sich ziehend, um sie ausgiebig zu küssen.
Nach einer Weile meinte sie versonnen: "Du Sturkopf. Trotzdem ist es nicht verkehrt, ein paar Sätze auf Chinesisch sprechen zu können. Du wirst ganz sicher vom Bild des tolpatschigen Ausländers profitieren, das in China verbreitet ist, Liebster, aber als der Mann einer Konsulin ..."
Helmut seufzte ergeben: "Da war doch was ... das hatte ich ganz vergessen. Wir werden sicherlich noch ein paar weitere, elegante Anzüge für mich kaufen gehen, was?"
"Mmh, ja ... gut, dass du das von dir aus erwähnst, das sollten wir tatsächlich." Sie sah ihn verheißungsvoll an und stand auf, ihn sanft in Richtung Schlafzimmer ziehend. "Mein wunderbarer Mann..."

Im Verlauf der nächsten Woche kam die Antwort vom Präsidentenbüro. Präsident LI begrüßte es, dass Mrs. Schwarz im Rahmen ihrer Verpflichtungen ihrem Heimatland einen Besuch abstatten würde. Sie möge darüber hinaus einen Abend für ein Essen einplanen, zu dem sie und ihr Mann in seinem Haus eingeladen sein würden.
"Und", meinte Helmut, nachdem er die Nachricht auch gelesen hatte, "das ist doch prima, oder?"
"Ich werde nicht nur meinen Vater kennenlernen sondern auch seine Frau!", stellte Sue aufgeregt fest. "Wir werden noch Geschenke besorgen müssen."
"Wie wäre es mit einer schönen Uhr für deinen Vater?"
Sie sah ihn entsetzt an: "Das ist das größte No-Go, was möglich ist. Damit schenkst du ihm sozusagen die Teilnahme am Begräbnisritual. Eine Uhr symbolisiert in China die ablaufende Lebenszeit und eine Rolex werden wir ihm nicht schenken können."
"Mmh, was überreicht man dann einem Staatsmann?"
"Das sollte sich an seinen Vorlieben orientieren. Allerdings weiß ich zu wenig darüber. Vielleicht ist eine Kiste des besten Champagners aus Frankreich die richtige Wahl und für seine Frau werden wir einen schönen, großen Früchtekorb mitbringen."

An einem herrlichen Tag in Marseille, bei dem sie sich einem ausgiebigen Shopping hingaben, um alles Erforderliche zu besorgen, saßen sie am späten Nachmittag in ihrem Lieblingsrestaurant am Vieux Port.
"Hey, da ist ja Denis", rief Helmut und winkte ihm zu. "Setz dich doch zu uns, altes Haus."
Erfreut kam Denis Röttger auf sie zu und, nachdem sie sich mit einer Umarmung begrüßt hatten, nahm er Platz.
"Und, was machst du hier?"
"Mal ein wenig Meeresluft schnuppern - heute Morgen hatte ich eine Schiffstour gebucht und bin gerade davon zurückgekommen. Und ihr zwei?"
"Ach, wir erholen uns vom vielen Einkaufen. Ende September geht es nach China - Geschenke ohne Ende, Klamotten, du weißt schon. Aber für heute ist es genug."
"Nach China? Kommt Brooks eigentlich mit?"
"Ja, er wird mit mir den Funktionstest des Safety First! Chips (E-Book/Print: "Im Zeitalter der KI"), China Edition, in Peking durchführen. Ich denke, wir sind soweit und Teleround kann hoffentlich mit der Produktion in Hongkong beginnen", meinte Sue zufrieden. "Es hat alles etwas länger gedauert, als gedacht - aber nun geht es los."
"Prima", meinte Röttger, "ihr beide seid ein gutes Team."
"Ich habe eine große Bitte an dich, Denis", warf Sue plötzlich ein. "Würdest du meinem Ehemann etwas chinesisch beibringen und einige Gepflogenheiten erläutern? Wenn ich das versuche, nimmt er es leider nicht so ernst." Spitzbübisch lächelte sie dabei Helmut an, der sie verdutzt anschaute.
Denis lachte: "Aber gerne! Wir zwei nutzen am besten die Mittagspausen in der nächsten Zeit dazu. Dann wird das schon schiefgehen."

Die Zeit verrann und endlich war es soweit. Denis Röttger brachte Sergey Brooks, Sue und Helmut Schwarz an den Flughafen. Zum Abschied gab er Helmut noch ein
好运 (deutsch: "Viel Glück!") mit auf den Weg, was der grinsend mit einem (deutsch: "Auf Wiedersehen!") quittierte.
In Peking angekommen wurden die drei bereits von einem Mitarbeiter der ICBC Bank erwartet, der Brooks zu seinem Hotel brachte und Sue und Helmut Schwarz zu ihrem Apartment. Heute war noch Zeit, um die Stadt zu besichtigen und morgen hatten sie sich mit Brooks im Büro verabredet.
Helmut hatte sich ausgebeten, das alte Beijing zu erleben. Daher fuhren sie mit einer schön geschmückten Dreirad-Rikscha, die früher ein traditionelles Verkehrsmittel gewesen war, entlang dem Westufer des Sicha-Sees nordwärts, über die Yinding-Brücke, durch die Sibei-Hutong am Guanghua-Tempel vorbei bis zum Trommelturm. Dort hatte man einen herrlichen Blick über die Altstadt. Anschließend ging es weiter mit der Rikscha in Richtung Westen, wo sie zu Fuß durch mehrere Hutongs, alte verwinkelte Gassen, bummelten, sodass Helmut einen Eindruck vom Leben der alteingesessenen Bewohner der Hauptstadt bekam.
Zwei Kinder kamen ihnen entgegen, kramten ihre Englisch-Kenntnisse zusammen und sagten mutig "Hello" zu Helmut - und freuten sich über sein fröhliches "Nihao" als Antwort. Ein anderer hatte ihn ungeniert angestarrt und Sue erklärte ihm lachend, dass er hier als sogenannte Langnase eben etwas Besonderes sei. Abschließend sahen sie sich in der Theaterhalle der ehemaligen Residenz des Prinzen Yi Xin aus der Qing-Dynastie eine Pekingoper-Vorstellung an.
"Wow", meinte Helmut begeistert, als sie wieder in ihr Apartment zurückkehrten. "Wirklich verblüffend, dass man in wenigen hundert Metern Entfernung vom Zentrum der Macht in jeder zweiten Nebenstraße auf einfache, ursprüngliche Lebensverhältnisse trifft. Was für Kontraste! Das war ein fantastischer Tag."
Am nächsten Tag machten sie sich zu dritt an die Arbeit. Der Funktionstest verlief positiv und so sahen sie zuversichtlich der Produktion entgegen. Den Rest des Tages saßen sie an Terminals und kommunizierten mit der KI JUÉWÀNG. So vergingen die Tage und schließlich stand der Besuch in der privaten Residenz von Präsident LI an.

Am Abend wurden sie vom Hausherren freundlich empfangen und überreichten ihre Geschenke. Sie hatten sich für einen Armand de Brignac, Brut Gold Magnum, einen Champagner des französischen Familienunternehmen Cattier aus der Champagne entschieden. Der schwarz-goldene Flaschenkasten war hübsch verpackt in rotes Seidenpapier, da rot, wie Sue ihm erklärt hatte, als festliche und glückliche Farbe angesehen wurde. Der Hausherrin Li Jinjin wurde ein großer, mit einer roten Schleife dekorierter, Früchtekorb überreicht.
Das Essen, das aus vielen Platten verschiedener Meeresfrüchte bestand, von dem die Gastgeber mehrmals betonten, dass es nur ein bescheidenes Aufgebot war, erwies sich als äußerst lecker, wie Helmut herausfand. Denis hatte ihm allerdings eingeschärft, dass man nicht alles aufaß, damit ein Gastgeber nie das Gefühl bekam, nicht genug aufgetischt zu haben. Da er sich unter Röttgers kundiger Anleitung auch in der Handhabung von Stäbchen bemüht hatte und zur Begrüßung ein "Guten Tag", "Es freut mich, Sie kennenzulernen" und später ein "Danke" auf Chinesisch parat hatte, wurde er mit wohlwollenden Blicken bedacht. Mehr war für den goodwill nicht notwendig, da das Ehepaar LI auch der englischen Sprache mächtig war.
LI Jian fragte Sue nach ihrer Arbeit im Honorar-Konsulat. Wie verlief ihr Leben in Frankreich - war sie zufrieden dort? Sue stellte geschickt dar, dass sie den Glanz ihrer großen Heimat vermisste und sehr glücklich darüber war, diesen im Rahmen ihrer Arbeit als Honorar-Konsulin in Frankreich zu etablieren. Lief alles zufriedenstellend oder benötigte sie noch etwas? Sie bedankte sich mit vielen Worten für seine Großzügigkeit, die sie nichts vermissen ließ.
Er lächelte sie vielsagend an und schien zufrieden über die erhaltenen Antworten. Mit ihrer offensichtlich diplomatischen Ader hatte er sie gut eingesetzt, dachte er bei sich. Ihr blühendes Aussehen ließ außerdem vermuten, dass ihr die Ehe gut zu bekommen schien. LI Jinjin fragte Helmut währenddessen, wie ihm Peking gefiel. Er erzählte, was er mit seiner Frau alles besichtigt hatte und zeigte sich begeistert über die alte Kultur und die Faszination dieser Stadt. Auf die Frage hin, womit er sich denn gerade beruflich beschäftigte, erzählte er von seinen Fortschritten, ein lebensechtes Hologramm zu entwickeln. Sein Ziel sei es, der KI GOLEM ein Erscheinungsbild zur aktiven Teilnahme an Gesprächen und Konferenzen zu geben.
Irgendwann kam auch die Frage auf, wann denn ein Familienzuwachs geplant sei. Sue und Helmut schauten sich etwas perplex an.
"Ähm ... darüber haben wir noch gar nicht nachgedacht, aber wenn er da ist, dann ist er willkommen", meinte Helmut schließlich. Und Sue setzte hinzu: "Früher oder später wird das sicherlich geschehen."
"Was meinst du, Jian - es wäre doch eine interessante Erfahrung, die Arbeit im Konsulat und auch das Hologramm von Mr. Schwarz persönlich zu besichtigen", meinte LI Jinjin, ihren Gatten lächelnd anschauend.
Nach zwei Stunden verabschiedeten sie sich und fuhren wieder zurück in Sues Apartment. "Und", meinte Helmut, als sie über den Besuch reflektierten, "was meinst du dazu?"
"Wir sind gut angekommen, denn ansonsten hätte seine Frau nicht erwähnt, dass sie uns gerne besuchen würde. Du hast einen günstigen Eindruck hinterlassen, mein Ehemann." Sue schaute ihn stolz an und fügte hinzu: "Und was den Familienzuwachs angeht", sie rückte näher und umarmte ihn, ihm ins Ohr flüsternd: "Ich stelle mir ein Mädchen vor."
"Mmh", er schaute sie verliebt an, "dann habe ich es wohl bald mit zwei Frauen im Haushalt zu tun, die mich um den Finger wickeln werden ... ich armer Mann!" Nach einem langen, liebevollen Kuss meinte sie wohlig: "Aber ein Junge ist mir auch willkommen."