Sue und Helmut Schwarz
Sue Schwarz, geb. Wang, und Helmut Schwarz - Charaktere in den Büchern der Trilogie "Golem im Zeitalter der KI" und "Golem im Zeitalter der Cyborgs und Androiden"
Im Juli 2019 entschied Sue Schwarz,
dass es Zeit wurde, verschiedenes in China persönlich zu regeln. Es sollten
neue Mitarbeiter eingestellt werden, neue Installationen beim chinesischen
Quantencomputer JUÉWÀNG standen an und die Modifikation des Safety First! Chips
sollte in Peking vor Ort getestet werden.
An einem warmen Abend saßen sie und Helmut auf der Couch in seinem Apartment in Lourmarin, ein Weinglas in der Hand. Ihr neues
Haus auf dem Anwesen des Konsulats wurde gerade erst gebaut und sie hofften, im
Dezember dort einziehen zu können.
"Mmh", meinte Helmut
verträumt, seine Frau im Arm haltend und ihr mit einer Hand durch die Haare
streichend, "dann werden wir also Ende September nach Peking reisen. Was
ist mit deinem Vater, ist er schon informiert?"
"Ich habe heute dem
Präsidentenbüro Sinn und Zweck der Reise sowie den Zeitraum, den wir dort sein
werden, mitgeteilt."
"Also in China war ich noch nie.
Wie viele Fettnäpfchen stehen dort für mich bereit, was meinst du?"
Sue lachte und meinte: "Halte
dich einfach an mich. Und wenn du dir nicht sicher bist, stehst du einfach
ruhig und freundlich lächelnd neben mir. Das ist doch eine deiner leichtesten
Übungen!"
Er beugte sich vor und knabberte lockend
an ihrem Ohr: "Mmh, wenn ich das dabei tun darf, kein Problem."
Sue
stellte ihr Glas ab und wandte sich ihm zu: "Ich werde dir ein paar
Floskeln aufschreiben, die lernst du auswendig. Fangen wir doch gleich mal an.
Sag mal Nihao, das heißt Hallo."
"Nihuhu", meinte Helmut
fröhlich, seine Frau zu sich ziehend, um sie ausgiebig zu küssen.
Nach einer Weile meinte sie versonnen:
"Du Sturkopf. Trotzdem ist es nicht verkehrt, ein paar Sätze auf Chinesisch
sprechen zu können. Du wirst ganz sicher vom Bild des tolpatschigen Ausländers
profitieren, das in China verbreitet ist, Liebster, aber als der Mann einer
Konsulin ..."
Helmut seufzte ergeben: "Da war
doch was ... das hatte ich ganz vergessen. Wir werden sicherlich noch ein paar
weitere, elegante Anzüge für mich kaufen gehen, was?"
"Mmh, ja ... gut, dass du das von
dir aus erwähnst, das sollten wir tatsächlich." Sie sah ihn verheißungsvoll
an und stand auf, ihn sanft in Richtung Schlafzimmer ziehend. "Mein
wunderbarer Mann..."
Im Verlauf der nächsten Woche kam die
Antwort vom Präsidentenbüro. Präsident LI begrüßte es, dass Mrs. Schwarz im
Rahmen ihrer Verpflichtungen ihrem Heimatland einen Besuch abstatten würde. Sie
möge darüber hinaus einen Abend für ein Essen einplanen, zu dem sie und ihr
Mann in seinem Haus eingeladen sein würden.
"Und", meinte Helmut,
nachdem er die Nachricht auch gelesen hatte, "das ist doch prima,
oder?"
"Ich werde nicht nur meinen Vater
kennenlernen sondern auch seine Frau!", stellte Sue aufgeregt fest. "Wir
werden noch Geschenke besorgen müssen."
"Wie wäre es mit einer schönen
Uhr für deinen Vater?"
Sie sah ihn entsetzt an: "Das ist
das größte No-Go, was möglich ist. Damit schenkst du ihm sozusagen die
Teilnahme am Begräbnisritual. Eine Uhr symbolisiert in China die ablaufende
Lebenszeit und eine Rolex werden wir ihm nicht schenken können."
"Mmh, was überreicht man dann
einem Staatsmann?"
"Das sollte sich an seinen
Vorlieben orientieren. Allerdings weiß ich zu wenig darüber. Vielleicht ist
eine Kiste des besten Champagners aus Frankreich die richtige Wahl und für
seine Frau werden wir einen schönen, großen Früchtekorb mitbringen."
An einem herrlichen Tag in Marseille,
bei dem sie sich einem ausgiebigen Shopping hingaben, um alles Erforderliche zu
besorgen, saßen sie am späten Nachmittag in ihrem Lieblingsrestaurant am Vieux
Port.
"Hey, da ist ja Denis", rief
Helmut und winkte ihm zu. "Setz dich doch zu uns, altes Haus."
Erfreut kam Denis Röttger auf sie zu
und, nachdem sie sich mit einer Umarmung begrüßt hatten, nahm er Platz.
"Und, was machst du hier?"
"Mal ein wenig Meeresluft
schnuppern - heute Morgen hatte ich eine Schiffstour gebucht und bin gerade davon
zurückgekommen. Und ihr zwei?"
"Ach, wir erholen uns vom vielen
Einkaufen. Ende September geht es nach China - Geschenke ohne Ende, Klamotten,
du weißt schon. Aber für heute ist es genug."
"Nach China? Kommt Brooks
eigentlich mit?"
"Ja, er wird mit mir den
Funktionstest des Safety First! Chips (E-Book/Print: "Im Zeitalter der
KI"), China Edition, in Peking durchführen. Ich denke, wir sind soweit und
Teleround kann hoffentlich mit der Produktion in Hongkong beginnen",
meinte Sue zufrieden. "Es hat alles etwas länger gedauert, als gedacht -
aber nun geht es los."
"Prima", meinte Röttger,
"ihr beide seid ein gutes Team."
"Ich habe eine große Bitte an
dich, Denis", warf Sue plötzlich ein. "Würdest du meinem Ehemann
etwas chinesisch beibringen und einige Gepflogenheiten erläutern? Wenn ich das
versuche, nimmt er es leider nicht so ernst." Spitzbübisch lächelte sie
dabei Helmut an, der sie verdutzt anschaute.
Denis lachte: "Aber gerne! Wir
zwei nutzen am besten die Mittagspausen in der nächsten Zeit dazu. Dann wird
das schon schiefgehen."
Die Zeit verrann und endlich war es
soweit. Denis Röttger brachte Sergey Brooks, Sue und Helmut Schwarz an den
Flughafen. Zum Abschied gab er Helmut noch ein
好运 (deutsch:
"Viel Glück!") mit auf den Weg, was der grinsend mit einem 再见 (deutsch:
"Auf Wiedersehen!") quittierte.
In Peking angekommen wurden die drei
bereits von einem Mitarbeiter der ICBC Bank erwartet, der Brooks zu seinem
Hotel brachte und Sue und Helmut Schwarz zu ihrem Apartment. Heute war noch
Zeit, um die Stadt zu besichtigen und morgen hatten sie sich mit Brooks im Büro
verabredet.
Helmut hatte sich ausgebeten, das alte Beijing zu erleben. Daher fuhren
sie mit einer schön geschmückten Dreirad-Rikscha, die früher ein traditionelles
Verkehrsmittel gewesen war, entlang dem Westufer des Sicha-Sees nordwärts, über
die Yinding-Brücke, durch die Sibei-Hutong am Guanghua-Tempel vorbei bis zum
Trommelturm. Dort hatte man einen herrlichen Blick über die Altstadt.
Anschließend ging es weiter mit der Rikscha in Richtung Westen, wo sie zu Fuß
durch mehrere Hutongs, alte verwinkelte Gassen, bummelten, sodass Helmut einen
Eindruck vom Leben der alteingesessenen Bewohner der Hauptstadt bekam.
Zwei
Kinder kamen ihnen entgegen, kramten ihre Englisch-Kenntnisse zusammen und
sagten mutig "Hello" zu Helmut - und freuten sich über sein fröhliches
"Nihao" als Antwort. Ein anderer hatte ihn ungeniert angestarrt und
Sue erklärte ihm lachend, dass er hier als sogenannte Langnase eben etwas
Besonderes sei. Abschließend sahen sie sich in der Theaterhalle der ehemaligen
Residenz des Prinzen Yi Xin aus der Qing-Dynastie eine Pekingoper-Vorstellung
an.
"Wow",
meinte Helmut begeistert, als sie wieder in ihr Apartment zurückkehrten. "Wirklich
verblüffend, dass man in wenigen hundert Metern Entfernung vom Zentrum der
Macht in jeder zweiten Nebenstraße auf einfache, ursprüngliche Lebensverhältnisse
trifft. Was für Kontraste! Das war ein fantastischer Tag."
Am nächsten Tag
machten sie sich zu dritt an die Arbeit. Der Funktionstest verlief positiv und
so sahen sie zuversichtlich der Produktion entgegen. Den Rest des Tages saßen sie
an Terminals und kommunizierten mit der KI JUÉWÀNG. So vergingen die Tage und
schließlich stand der Besuch in der privaten Residenz von Präsident LI an.
Am Abend wurden sie
vom Hausherren freundlich empfangen und überreichten ihre Geschenke. Sie hatten
sich für einen Armand
de Brignac, Brut Gold Magnum, einen Champagner des französischen
Familienunternehmen Cattier aus der Champagne entschieden. Der schwarz-goldene
Flaschenkasten war hübsch verpackt in rotes Seidenpapier, da rot, wie Sue ihm
erklärt hatte, als festliche und glückliche Farbe angesehen wurde. Der Hausherrin
Li Jinjin wurde ein großer, mit einer roten Schleife dekorierter, Früchtekorb
überreicht.
Das Essen, das aus
vielen Platten verschiedener Meeresfrüchte bestand, von dem die Gastgeber mehrmals
betonten, dass es nur ein bescheidenes Aufgebot war, erwies sich als äußerst
lecker, wie Helmut herausfand. Denis hatte ihm allerdings eingeschärft, dass
man nicht alles aufaß, damit ein Gastgeber nie das Gefühl bekam, nicht genug aufgetischt
zu haben. Da er sich unter Röttgers kundiger Anleitung auch in der Handhabung von
Stäbchen bemüht hatte und zur Begrüßung ein "Guten Tag", "Es
freut mich, Sie kennenzulernen" und später ein "Danke" auf
Chinesisch parat hatte, wurde er mit wohlwollenden Blicken bedacht. Mehr war für
den goodwill nicht notwendig, da das Ehepaar LI auch der englischen Sprache
mächtig war.
LI Jian fragte Sue nach
ihrer Arbeit im Honorar-Konsulat. Wie verlief ihr Leben in Frankreich - war sie
zufrieden dort? Sue stellte geschickt dar, dass sie den Glanz ihrer großen
Heimat vermisste und sehr glücklich darüber war, diesen im Rahmen ihrer Arbeit
als Honorar-Konsulin in Frankreich zu etablieren. Lief alles zufriedenstellend
oder benötigte sie noch etwas? Sie bedankte sich mit vielen Worten für seine
Großzügigkeit, die sie nichts vermissen ließ.
Er lächelte sie
vielsagend an und schien zufrieden über die erhaltenen Antworten. Mit ihrer
offensichtlich diplomatischen Ader hatte er sie gut eingesetzt, dachte er bei
sich. Ihr blühendes Aussehen ließ außerdem vermuten, dass ihr die Ehe gut zu
bekommen schien. LI Jinjin fragte Helmut währenddessen, wie ihm Peking gefiel.
Er erzählte, was er mit seiner Frau alles besichtigt hatte und zeigte sich
begeistert über die alte Kultur und die Faszination dieser Stadt. Auf die Frage
hin, womit er sich denn gerade beruflich beschäftigte, erzählte er von seinen
Fortschritten, ein lebensechtes Hologramm zu entwickeln. Sein Ziel sei es, der KI
GOLEM ein Erscheinungsbild zur aktiven Teilnahme an Gesprächen und Konferenzen zu
geben.
Irgendwann kam auch die
Frage auf, wann denn ein Familienzuwachs geplant sei. Sue und Helmut schauten
sich etwas perplex an.
"Ähm ... darüber
haben wir noch gar nicht nachgedacht, aber wenn er da ist, dann ist er
willkommen", meinte Helmut schließlich. Und Sue setzte hinzu: "Früher
oder später wird das sicherlich geschehen."
"Was meinst du, Jian
- es wäre doch eine interessante Erfahrung, die Arbeit im Konsulat und auch das
Hologramm von Mr. Schwarz persönlich zu besichtigen", meinte LI Jinjin,
ihren Gatten lächelnd anschauend.
Nach zwei Stunden
verabschiedeten sie sich und fuhren wieder zurück in Sues Apartment.
"Und", meinte Helmut, als sie über den Besuch reflektierten,
"was meinst du dazu?"
"Wir sind gut
angekommen, denn ansonsten hätte seine Frau nicht erwähnt, dass sie uns gerne
besuchen würde. Du hast einen günstigen Eindruck hinterlassen, mein
Ehemann." Sue schaute ihn stolz an und fügte hinzu: "Und was den
Familienzuwachs angeht", sie rückte näher und umarmte ihn, ihm ins Ohr
flüsternd: "Ich stelle mir ein Mädchen vor."
"Mmh", er
schaute sie verliebt an, "dann habe ich es wohl bald mit zwei Frauen im
Haushalt zu tun, die mich um den Finger wickeln werden ... ich armer Mann!"
Nach einem langen, liebevollen Kuss meinte sie wohlig: "Aber ein Junge ist
mir auch willkommen."