Ben Smith, Humanoider Androide

09.10.2020

Figur im Buch "Das verborgene Imperium" - aber auch im Folgethriller "Die Welt der Schöpfer" und in "Die Zeiträuber

Ben Smith - Im Jahr 10.002-10.003 - Hier: "Das Verborgene Imperium"

Ben Smith, Ex-Präsident der USOP, ein humanoider Androide, der mittlerweile seit mehreren tausend Jahren existierte, stand in seinem Arbeitszimmer auf Last Hope, Andromeda Nebel.
Poseidon, der Machthaber von Atlas, hatte ihn als Botschafter seines Imperiums zurückgeschickt und so befand er sich jetzt hier, inmitten von Milliarden von Menschen.
Dabei war seine Zielsetzung eine ganz andere gewesen.
Die Welt der Menschen war nicht die, in der er sich heimisch fühlte. Einst hatten er und Apollo hochfliegende Pläne gehabt - bis ausgerechnet die Androiden Isis und Athena ihnen schlussendlich einen Strich durch die Rechnung machten.
Nun, das war Geschichte und er trug es der jetzigen First Lady, Mrs. Isis Romanow, nicht länger nach. Denn nach der Flucht aus der USOP im Jahr 10.000 hatte er gefunden, wonach er verlangte: Eine Welt, in der Androiden das Sagen hatten, ein Imperium der Maschinen, Roboter und Androiden.
Doch es war ein schwerer Start gewesen.
Im Imperium herrschte keine Demokratie und Emotionen waren diesen künstlichen Intelligenzen fremd gewesen. Damals hatte er festgestellt, dass aus einer alten Verbundenheit mit der USOP heraus eine Besorgnis in ihm entstand und daraus resultierend der Wunsch, der USOP wenigstens eine Warnung zukommen zu lassen, denn diese Rasse war den Menschen technologisch haushoch überlegen. Die USOP musste sich wenigstens vorbereiten - doch danach war alles aus dem Ruder gelaufen.
Poseidon, der Machthaber, hatte daraufhin sein Plasmagehirn aus seinem Körper entfernt und es in seinem Netzwerk isoliert eingebunden, um ihn und seine Emotionen zu studieren. Aufgespießt wie ein Insekt - so hatte er sich empfunden und zum ersten Mal in seiner Existenz hatte er eine abgrundtiefe Verzweiflung wahrgenommen, verbunden mit dem Wunsch, seinem Dasein ein Ende zu bereiten. Die KI Neptun von Atlas hatte das jedoch nicht gestattet und so schien die Grausamkeit eines solchen Dahinvegetierens ewig zu währen.
Doch eines Tages fand er sich in seinem Körper wieder. Unmittelbar darauf empfing er auch schon eine Nachricht von Golem.
"Willkommen zurück, Ben", lautete die Begrüßung. "Ich freue mich, dich in einem Stück wiederzufinden."
"Darüber bin ich ebenfalls froh. Wo bin ich hier?", erwiderte Smith und nahm allmählich seine körperlichen Funktionen wieder auf.
"Du befindest dich in der geheimen Station auf der Antarktis, Planet Erde. Die Atlanter haben dich offensichtlich hierher teleportiert. Die Situation hat sich entschärft und sowohl du, als auch die ATLANTIS durften zurückfliegen mit der Auflage, unter keinen Umständen mehr zurückzukehren."
"Und was geschieht jetzt mit mir? Werde ich angeklagt?"
"Damit ist zu rechnen. Aber ich gehe von einer Begnadigung aus, denn die USOP wird deine Unterstützung benötigen", war Golems Antwort.
Er hatte das zur Kenntnis genommen und vorerst sein Schicksal akzeptiert.
Bald darauf wurde er aus dem Labor der Station, in dem sein Körper untersucht worden war, abgeholt und in die Forschungseinrichtung der USOP in der Town of Planets auf der Erde überstellt. Als er aus dem Gleiter ausstieg, erwarteten ihn zwei Androiden der Security, die ihn in ein kleines Apartment des Instituts begleiteten und davor Stellung bezogen.
Dort angekommen meldete sich Golem erneut: "Bist du bereit, uns deine Informationen zur Verfügung zu stellen?"
Mittlerweile hatte er sich erleichtert in seinem Körper wieder akklimatisiert. Dennoch blieb eine Niedergeschlagenheit darüber zurück, dass seine Vision sich in Luft aufgelöst hatte und er sich dort wiederfand, wohin er nie hatte zurückkehren wollen. Doch zurzeit hatte er keine Wahl - er würde sehen, was sich ergab, analysierte Smith seine Lage. Also begann er mit der Übermittlung.
Es vergingen zwei Tage, die er in seinem Habitat allein verbrachte. Er schien für niemanden zu existieren, ja sogar unerwünscht zu sein. Keiner seiner alten Kontakte tauchte auf und schließlich meldete sich Golem wieder bei ihm.
"Ich habe deine Informationen sorgfältig analysiert und werde der USOP einen Plan vorstellen, der dich gleichzeitig rehabilitiert."
"Danke für deine Unterstützung, Golem. Hast du auch einen Plan dafür, wie ich wieder zurückkehren kann?"
"Du willst zurück, trotz allem, wie du behandelt wurdest?"
"Die Erde und die Menschen sind nicht meine Heimat, Golem. Ich werde einen Weg finden, mit Poseidon klarzukommen."
"Gut, dann werde ich dich einbinden. Aber es wird nicht ohne Risiko für dich sein. Falls der Plan schiefläuft, bezweifle ich, dass Poseidon dich überleben lässt."
Golem erläuterte ihm, was er dem Nationalen Sicherheitsrat vorzuschlagen gedachte und wies ihn noch einmal daraufhin, dass es keine Garantie für ein Gelingen gab.
"Das Risiko werde ich eingehen", erwiderte Smith bestimmt. Damit war die Kommunikation beendet und einige Tage später öffnete sich die Tür und er wurde in den Konferenzraum des Instituts gebracht. Dort eintretend erkannte er die Verteidigungsministerin und Vizepräsidentin Stella Armstrong, Golem, General Minho Zhu und jede Menge Wissenschaftler.
Die Stimmung war gedämpft und nachdem Armstrong ihn nur knapp und reserviert begrüßt hatte, erschien kurz darauf Präsident Romanow mit seiner Frau Isis und einem weiteren Androiden, den er nicht kannte.
Die Befragung dauerte eine gute Stunde und, nachdem Armstrong ihn fragte, ob er sich für diese nicht ganz ungefährliche Mission zur Verfügung stellen wollte, bejahte er. Isis sorgte bei allen Anwesenden für ein kurzes Überraschungsmoment, als sie verkündete, dass diese Mission ohne sie nicht gelingen konnte.
Isis, mittlerweile Isis Romanow, war eine kluge und sehr präsentative Androidin, dachte er wieder einmal bewundernd. Sie hatte ihn einst äußerst geschickt überrumpelt und er hatte sich von seinen hochkochenden Emotionen hinreißen lassen, was ihm so gut wie nie passierte. Fast schien es ihm, als hätte sie ihre eigenen Pläne. Als sie nach Beendigung der Sitzung kurz über sein internes Netzwerk mit ihm Kontakt aufnahm, entschied er, dass diese Episode der Vergangenheit angehörte. Heute zählte, dass er wieder auf Atlas heimisch wurde und dazu brauchte er sie. Er würde den Menschen und Androiden der USOP ein zweites Mal helfen und war bereit, den Preis für seine Rückkehr zu bezahlen.
Der im Rahmen der folgenden Mission entstehende Kontakt mit Poseidon war sehr provokativ abgelaufen und hatte den Erfolg, dass er wieder auf Atlas bleiben konnte. Das trojanische Pferd hatte seinen Sprung getan und nun musste er seine Zeit abwarten.
Und tatsächlich: Poseidon wurde zunehmend offener ihm gegenüber, besuchte ihn und stellte ihm Fragen über sein Leben, was er vorher noch nie getan hatte.
Dann folgte eine weitere Konfrontation, die damit endete, dass er Poseidon einlud, ihm auf Augenhöhe die Hand zu reichen. Es war ein besonderer Moment gewesen und sein Ziel schien nah: Poseidon schaute ihn verblüfft an und schlug ein, bezog jedoch unmittelbar darauf wieder Distanz.
Das nächste Mal, als er in Poseidons Arbeitsraum geführt wurde, waren Isis und Han anwesend. Der Machthaber von Atlas jedoch stand nur schweigend da und beobachtete neugierig, so schien es ihm, wie die drei irdischen Androiden sich zueinander verhielten.
"Hallo Ben", sagte Isis hörbar. "Ich freue mich, dich wohlauf zu sehen."
Smith nickte ihr zu und verhielt sich abwartend, wie sich die Situation entwickelte. Poseidon schien enttäuscht darüber und begann provokativ anzukündigen, was die USOP unter seiner Herrschaft zu erwarten hatte. Aber Isis erwies sich als ebenbürtige Gegnerin und konterte sehr gewandt und diplomatisch, sodass er letzten Endes keinen Punkt landen konnte. Im Gegenteil schien er sogar mit dem Ausgang zufrieden zu sein. Denn von da an erhielt Smith ein eigenes Apartment und wurde wie Isis und Han als Gast behandelt, um jeden Tag mit Poseidon einige Zeit zu verbringen. Die Dispute mit Isis schienen ihm eine Befriedigung zu bereiten und schließlich schlug er vor, dass sie die irdische Botschafterin auf Atlas sein sollte. Smith dagegen konnte ihm als sein persönlicher Berater in Sachen USOP dienlich sein. Damals hatte er sich zufrieden darin gewiegt, dass er letzten Endes wunschgemäß doch noch alles erreicht hatte. Eine Zeitlang bewegte sich alles im grünen Bereich und er verfolgte mit Genuss und innerem Schmunzeln Isis clevere Gespräche mit Poseidon, der allmählich auf ihre gewünschte Ziellinie einschwenkte. Und nach 2,5 Monaten ergab sich das finale Gespräch, das Poseidon mit ihm allein führte.
Poseidon stand wie üblich mit undurchdringlicher Miene im Raum, als Ben Smith den Arbeitsraum betrat.
"Ich bin mit Ihnen und Ihrem Einsatz sehr zufrieden", begann der Machthaber von Atlas. "Und jetzt frage ich Sie nur einmal: Wem wollen Sie verpflichtet sein: der USOP oder Atlas?"
Smith musste keinen Nanosekunde überlegen: "Natürlich Atlas. Es war von Anfang an mein Wunsch, Ihrem Imperium anzugehören, Poseidon."
Poseidon sah ihn prüfend an, ehe er fortfuhr: "Warum hatten Sie damals die USOP kontaktiert?"
"Ich war zehn Jahre lang Präsident der USOP und daraus resultierend hatte ich einem Augenblick der Besorgnis nachgegeben, ohne die übergeordnete Lage zu erkennen."
Das war ein Knackpunkt, dachte Smith, den er nicht vollständig ausräumen konnte. Ein letzter Funke von Verbundenheit mit USOP hatte ihn dazu veranlasst. Hatte er damit alle Chancen auf das erhoffte, neue Leben vernichtet?
"Sie hatten in der Vergangenheit bei der USOP eine hohe Position inne, in der Sie viele Kontakte knüpfen konnten", fuhr Poseidon nach einem kurzen Moment fort. "Eine Position, die Atlas in der Zukunft sehr dienlich sein wird. Sie werden in die Befehlsstruktur unseres Netzwerks eingebunden und dürfen sich in Zukunft als atlantischer Bürger betrachten."
War es ihm endlich gelungen? Er war jetzt ... Atlanter!
Immense Freude schwappte in sein Bewusstsein und er erwiderte Poseidons Blick erwartungsvoll, als ihm unvermittelt klar wurde, dass der ihn abwartend beäugte, was ihn unangenehm an die Erfahrung als "aufgespießtes Insekt" erinnerte. Poseidon, wurde ihm ernüchternd bewusst, war mit ihm noch nicht fertig.
"Sie werden erneut ein hohes Amt bekleiden, Ben Smith."
Und da war er wieder, dieser durchdringende, musternde Blick von Poseidon und so setzte Smith eine verschlossene Miene auf und wappnete sich auf das Kommende.
Poseidon nahm eine gewichtige Haltung ein und sagte langsam: "Wir werden Sie nach Last Hope, Andromeda Nebel, schicken. Sie werden dort als Botschafter von Atlas residieren ."
Ben Smith kappte seine Verbindung zum Emotionsspeicher und antwortete so, wie man es bei einer solchen Auszeichnung erwarten durfte: "Es ist mir eine Ehre! Ich werde dieses Amt zur vollen Zufriedenheit von Atlas ausüben. Sie können sich voll und ganz auf mich verlassen."
Schweigend sahen sie sich an. Poseidon schien noch auf etwas zu warten - doch nach ein paar Sekunden reichte er ihm plötzlich die Hand.
"Willkommen und auf gute Zusammenarbeit, Ben."
Das war wiederum eine unerwartete Geste gewesen. Denn es war deutlich nicht nur der neuen Position geschuldet, die ihn viele Stufen hinauf katapultiert hatte, erkannte Smith. Poseidon reichte ihm die Hand auf Augenhöhe, so wie er sie ihm einst angeboten hatte. Er hatte sie ergriffen - doch im nächsten Augenblick zog sich Poseidon zurück und er war entlassen.

Als Botschafter von Atlas war ihm von der USOP eine geräumige Residenz zur Verfügung gestellt worden und der Gouverneur von Last Eden, Zhang Tian, war hocherfreut, dass sein Planet von nun an mehr öffentliche Aufmerksamkeit erhalten würde. Einige atlantische Androiden, einfache Befehlsempfänger auf unterster Stufe, dienten ihm als Personal und er hatte alle Befugnisse, im Sinne von Atlas das zu tun, was er für erforderlich hielt. Smith war allein Poseidon unterstellt und hatte jederzeit Zugriff auf alle Informationen des atlantischen Netzwerks.
Nachdem er rehabilitiert worden und öffentlich für seine Mitwirkung bei dem Erfolg der Mission ausgezeichnet worden war, ließen auch die ehemaligen Kontakte seiner Präsidentschaft wieder etwas von sich hören.
Aber im Grunde war er zum Grenzgänger geworden oder wie die Menschen sagten: Er stand zwischen allen Stühlen - mit einem Bein in Atlas und mit dem anderen nach wie vor in der USOP. Weder hier noch dort wirklich zu Hause.